Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Dezernentinnen und Dezernten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, sehr geehrte Damen und Herren,
die Realität ist angekommen. In einer Welt, in der von der internationalen wie nationalen Politik Schock nach Schock kommt, ist – leider – auch die Situation des Haushaltes mit minus 180 Millionen kritisch.
Vieles liegt nicht in unserer Hand: Die Aufgabenfülle, die Kommunen durch Bund und Land bekommen, ohne dafür die Finanzierung zu erhalten, sorgen für das größte Defizit der Kommunen seit der Wiedervereinigung. Kostensteigerungen bei den Kommunen durch geopolitische Umstände und gleichzeitig einbrechende Wirtschaftsentwicklung und damit auch das Steueraufkommen drücken von beiden Seiten den Haushalt.
Aber: Einiges liegt durchaus in unserer Hand. Jahrelang haben politische Entscheidungsträger von Verwaltung und Gemeinderat am Rande des Machbaren gewirtschaftet – in Kauf nehmend, dass man einer Krise, die kommen wird, dann nicht wirklich begegnen kann. Auch wenn wir eine der wenigen Fraktionen im Gemeinderat waren, die im Haushalt in der Vergangenheit stets mehr Einsparungen als Ausgabenvorschläge vorgeschlagen hat, so sind auch wir mit in der Verantwortung. Statt der simplen, kostengünstigen, Lösung wurde immer wieder ein “Heidelberger Weg” begangen – lange diskutiert, erörtert, beteiligt und mit vielen Sonderlocken beglückt. Manchmal dann auch erst gar nicht umgesetzt, siehe Betriebshof.
Heidelberg rühmt sich als Mittelpunkt und Leuchtturm, zumindest wenn man uns selbst oder die Pressestelle fragt. Hauptstadt für Klima, Literatur, Gründungen, Fahrradfahren, Fairtrade, Digitales, Kultur, Urban Design, Biologische Vielfalt, intelligente City-Logistik, Energieeffizienz, Wald, Spielraum, Naturschutz, vorbildliche Bauwerke, Onlinekommunikation, Gesund altern, Geoparke, Innovation, Passivhausstandard, Solar, und Wohlfühlen. Hinter jedem Preis steht eine Ambition – ganz oben mitspielen – wir haben es ja und wir können es ja.
Aber zur Wahrheit gehören auch die Omissionen in der Liste:
- Schulen, bei denen Schulbetriebsmittel jahrelang eingefroren waren und auch in diesem Haushalt diesem Schicksal erliegen,
- Infrastruktur, die unter der jahrzehntelangen zu geringen Bauerhaltung ächzt,
- Strukturen, Prozesse und Zuschüsse, die seit Jahren nicht begutachtet wurden.
Kurzum: Hausaufgaben. Im Fußball würde man Grundlagen sagen.
Nun war ich in der Schule selten der Held der Hausaufgaben noch im Fußball der Begabteste bei den Grundlagen. Aber man lernt ja im Laufe seines Lebens und auch wir müssen als Gemeinderat und Verwaltung lernen. Und andere Perspektiven einnehmen – manchmal wird man Torwart, manchmal schafft man mittelfristig eine Neuausrichtung.
Das ist eine Neuausrichtung, die sich angebahnt hat. Nach Schuldentilgung in 21/22 gab es bereits im letzten Doppelhaushalt ein großes Defizit (50 Mio. €) – und eine mittelfristige Finanzplanung, die für diesen Doppelhaushalt 100 Millionen Defizit vorausgesagt haben.
Der Kämmerei und Herrn Polivka kann man keinesfalls vorwerfen, dass es kein Signal an Gemeinderat und Verwaltung gab.
Zitat Doppelhaushalt 2023/2024: “Mit einem Anstieg der Neuverschuldung im Finanzplanungszeitraum … stößt die Stadt Heidelberg an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und damit auch an die der Genehmigungsfähigkeit der Haushalte.” Im vorherigen Doppelhaushalt hieß es, dass der 2021 beschlossene Pfad zur Haushaltskonsolidierung neben den Einnahmen auch Augenmerk auf “Aufwandsreduzierungen durch strukturelle Veränderungen, den Verzicht auf (nice-to-have)-Aufgaben,[und] der Reduzierung von Standards in der Aufgabenerledigung” gelegt werden muss.
Passiert ist in in den vier beziehungsweise zweieinhalb Jahren seither wenig davon – Vorschläge kamen fast keine. Weder aus Verwaltung noch aus dem Gemeinderat. Stattdessen eher neue Heidelberger Wege. Die Planstellenanzahl, bedingt durch die Aufgabenanzahl, stieg beim letzten Mal um 220 neue Stellen.
Und da landen wir nun bei dem Haushaltsvorschlag, den Sie vorliegen haben. 180 Millionen – und wenig Land in Sicht. Die Aufgabenreduktion ist schmal. Das Wort Reduktion kommt auf knapp 1000 Seiten vier mal vor – einmal bei den Stadtblattausgaben und dreimal im Bezug auf die CO2-Reduktion. Die Stellenanzahl soll Sie sich um weitere fast 100 Planstellen erhöhen. Bei den strukturellen Veränderungen wurden aus 39 Teilhaushalten im letzten Doppelhaushalt nun 41.
Sehen Sie mir es nach – es geht mir nicht um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die Ihren Job mit Leidenschaft und Anstrengung erfüllen. Und die für die Aufgaben planen, die Sie nunmal durch Entscheidungen der Verwaltung und der Politik auf Sie zukommen. Aber, eines will ich sagen: Selbst in meinen schwächsten Schultagen habe ich zumindest die Hausaufgaben abgeschrieben. Das kann ich hier nur in einem Punkt erkennen: Bei den zusätzlichen Steuern, Abgaben und Gebühren.
Aber diesen sind enge Rahmen gesetzt und fallen auch in der Höhe im Vergleich zu den steigenden Ausgaben nur bedingt ins Gewicht. Ob Sie in der derzeitigen Wirtschaftslage mittelfristig positive Effekte bringen werden – ob für Haushalt oder Stadt, steht nochmal auf einem andern Blatt. Bei den Gebühren würde sich insbesondere für junge Familien die Lage merklich verschlechtern – ob bei Kitagebühren oder bei den Vergünstigungen für den ÖPNV.
Gespart wird, ja, aber vor allem durch gewisse Minderausgaben und ganz insbesondere bei den externen Empfängern städtischer Unterstützung, die am kürzeren Hebel sind. Da fällt Präventationsarbeit weg, der Druck auf die dort Beschäftigten steigt – die Löhne aber oft nicht.
Kommen wir also zu der Aufforderung, dass endlich “eine Priorisierung durch die Politik erfolgen muss” (Zitat Doppelhaushalt). Wir alle in diesem Gremium, so wie wir das im Ehrenamt nun mal leisten können, haben diese Verantwortung übernommen. Und die Meisten hier sind sich bewusst, wie groß die Lücke ist. Wir alle mussten in den vergangen Wochen bei unzähligen Gesprächen in der Stadtgesellschaft klarmachen, dass die Grenze des durch die Stadt Leistbaren bereits überschritten wurde.
Und doch stehen wir quasi machtlos da – denn eine Priorisierung, die nicht mehr zertrümmert als Sie bringt, die geht nur mit Daten und Fakten. Mit einer Transparenz, wo eine Priorisierung möglich ist. Einer Vergleichbarkeit der Aufgabenerfassung. Einem Stellenplan und Controllingzahlen. Mit KPIs. Mit ehrlich machen.
Ich weiß, dass wir als Fraktion vielen in der Stadtverwaltung mit dreizehn Seiten Fragen auf die Nerven gegangen sind. Ich entschuldige mich für den Aufwand. Auch wenn ich vielleicht so aussehe, habe ich wenig Spaß an so vielen Fragen und hätte gerne weniger gestellt. Aber wir haben wenig Einblick. Der Haushaltsplanentwurf sind stolze 958 Seiten – aber beim letzten Mal waren es 1567. Nicht, weil die Aufgaben gesunken sind – sondern, weil schlicht die Produktpläne fehlten.
Uns fehlt auch der Einblick, weil Aufgabenbeschreibungen, die im Zuge der fundamentalen Aufgabenkritik seit dem letzten Sommer eigentlich betrachtet und aktualisiert hätten werden müssen, seit teilweise drei Doppelhaushalten wortgleich drinstehen. “Aufbau eines Systems” kann ich sicherlich ein Jahr machen, wenn ich mich in das sechste Jahr mit diesem Ziel begebe, dann hört mein Chef doch mit hochgezogener Augenbraue auf.
Wir haben als Fraktion zum heutigen Tag 37 Änderungsanträge gestellt, knapp 50 weitere zumindest vorbereitet. 33 sind unmittelbare Einsparvorschläge. Einer der vier verbleibenden sollte langfristig Aufgaben und damit Kosten bei den Sitzungsdiensten durch digitale Mittel reduzieren. Teile dieser 37 Anträge werden vermutlich nicht meinem Anspruch gerecht werden, an der besten Stelle einzusparen. Dafür fehlen uns und mir belastbare Grundlagen, die bisher nicht – auch nicht im Rahmen der Haushaltsstrukturkommission – vorliegen. Die Anträge sind unser Versuch, erste Anstöße zu geben. Denn nur ein dauerhaft leistungsfähiger Haushalt kann auch vom Regierungspräsidium genehmigt werden.
Der bisherige Konsolidierungsprozess ist ein zartes Pflänzchen, dass dem Sturm der Großwetterlage Stand heute nicht Stand hält. Wir vermissen den Mut zu wirklich tiefgreifenden Entscheidungen, die nötig sind, um unsere Ausgaben nachhaltig zu senken.
Heute muss statt Routine der Auftakt eines echten, konsequenten und transparenten Transformationprozess sein. Das bedeutet, kritisch zu hinterfragen: Welche Aufgaben gehören überhaupt noch in die Verantwortung der Stadt? Wir als Gemeinderat dürfen dabei keine Tabus haben und keine Bereiche schonen. Es muss erlaubt sein, alles offen anzusprechen und ehrlich auf den Prüfstand zu stellen.
Ich strecke die Hand weit aus für die kommenden Gespräche. Der Rand des Machbaren, an dem werden wir auf absehbare Zeit weiter leben. Das Machbare ist aber kleiner. Lassen Sie uns einen neuen Heidelberger Weg einschlagen – nicht durch Zaudern, sondern mit klaren Handlungen und messbaren Zielvorgaben. Und ohne ein diktierendens Regierungspräsidium.
Ein besonderer Dank geht neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt für Ihre Geduld und an meine Fraktion und unsere Mitarbeiterin für die außergewöhnliche Unterstützung.
Lassen Sie uns Verantwortung übernehmen. Für Generationengerechtigkeit wie die Glaubhaftigkeit demokratischer Strukturen führt daran kein Weg vorbei.
Vielen Dank.
Das Regierungspräsidium genehmigt den Haushalt nicht …
so könnte auch die Schlagzeile in Heidelberg heißen. Ich lehne mich aus dem Fenster und sage, dass sie das auch wird, wenn wir den Haushaltsentwurf der Verwaltung unverändert beschließen. Anders als in Tübingen, wo bei 25 Millionen Defizit für 2025 vom Regierungspräsidium „Nein“ gesagt wurde, liegen wir für die Jahre 2025 und 2026 bei 180 Millionen Defizit. Mit der Steuerschätzung im Mai ist von einer noch größeren Summe auszugehen. Es ist nicht mehr fünf vor zwölf , sondern fünf nach zwölf. Es wird Zeit, dass Stadtgesellschaft, Gemeinderat und Verwaltung die katastrophale Lage anerkennen und selbst handeln – bevor das Regierungspräsidium es für uns tut.
Haushaltsrede FDP/FWV Fraktion zum Doppelhaushalt 2025/2026
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Dezernentinnen und Dezernten, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, sehr geehrte Damen und Herren,
die Realität ist angekommen. In einer Welt, in der von der internationalen wie nationalen Politik Schock nach Schock kommt, ist – leider – auch die Situation des Haushaltes mit minus 180 Millionen kritisch.
Vieles liegt nicht in unserer Hand: Die Aufgabenfülle, die Kommunen durch Bund und Land bekommen, ohne dafür die Finanzierung zu erhalten, sorgen für das größte Defizit der Kommunen seit der Wiedervereinigung. Kostensteigerungen bei den Kommunen durch geopolitische Umstände und gleichzeitig einbrechende Wirtschaftsentwicklung und damit auch das Steueraufkommen drücken von beiden Seiten den Haushalt.
Aber: Einiges liegt durchaus in unserer Hand. Jahrelang haben politische Entscheidungsträger von Verwaltung und Gemeinderat am Rande des Machbaren gewirtschaftet – in Kauf nehmend, dass man einer Krise, die kommen wird, dann nicht wirklich begegnen kann. Auch wenn wir eine der wenigen Fraktionen im Gemeinderat waren, die im Haushalt in der Vergangenheit stets mehr Einsparungen als Ausgabenvorschläge vorgeschlagen hat, so sind auch wir mit in der Verantwortung. Statt der simplen, kostengünstigen, Lösung wurde immer wieder ein “Heidelberger Weg” begangen – lange diskutiert, erörtert, beteiligt und mit vielen Sonderlocken beglückt. Manchmal dann auch erst gar nicht umgesetzt, siehe Betriebshof.
Heidelberg rühmt sich als Mittelpunkt und Leuchtturm, zumindest wenn man uns selbst oder die Pressestelle fragt. Hauptstadt für Klima, Literatur, Gründungen, Fahrradfahren, Fairtrade, Digitales, Kultur, Urban Design, Biologische Vielfalt, intelligente City-Logistik, Energieeffizienz, Wald, Spielraum, Naturschutz, vorbildliche Bauwerke, Onlinekommunikation, Gesund altern, Geoparke, Innovation, Passivhausstandard, Solar, und Wohlfühlen. Hinter jedem Preis steht eine Ambition – ganz oben mitspielen – wir haben es ja und wir können es ja.
Aber zur Wahrheit gehören auch die Omissionen in der Liste:
Kurzum: Hausaufgaben. Im Fußball würde man Grundlagen sagen.
Nun war ich in der Schule selten der Held der Hausaufgaben noch im Fußball der Begabteste bei den Grundlagen. Aber man lernt ja im Laufe seines Lebens und auch wir müssen als Gemeinderat und Verwaltung lernen. Und andere Perspektiven einnehmen – manchmal wird man Torwart, manchmal schafft man mittelfristig eine Neuausrichtung.
Das ist eine Neuausrichtung, die sich angebahnt hat. Nach Schuldentilgung in 21/22 gab es bereits im letzten Doppelhaushalt ein großes Defizit (50 Mio. €) – und eine mittelfristige Finanzplanung, die für diesen Doppelhaushalt 100 Millionen Defizit vorausgesagt haben.
Der Kämmerei und Herrn Polivka kann man keinesfalls vorwerfen, dass es kein Signal an Gemeinderat und Verwaltung gab.
Zitat Doppelhaushalt 2023/2024: “Mit einem Anstieg der Neuverschuldung im Finanzplanungszeitraum … stößt die Stadt Heidelberg an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und damit auch an die der Genehmigungsfähigkeit der Haushalte.” Im vorherigen Doppelhaushalt hieß es, dass der 2021 beschlossene Pfad zur Haushaltskonsolidierung neben den Einnahmen auch Augenmerk auf “Aufwandsreduzierungen durch strukturelle Veränderungen, den Verzicht auf (nice-to-have)-Aufgaben,[und] der Reduzierung von Standards in der Aufgabenerledigung” gelegt werden muss.
Passiert ist in in den vier beziehungsweise zweieinhalb Jahren seither wenig davon – Vorschläge kamen fast keine. Weder aus Verwaltung noch aus dem Gemeinderat. Stattdessen eher neue Heidelberger Wege. Die Planstellenanzahl, bedingt durch die Aufgabenanzahl, stieg beim letzten Mal um 220 neue Stellen.
Und da landen wir nun bei dem Haushaltsvorschlag, den Sie vorliegen haben. 180 Millionen – und wenig Land in Sicht. Die Aufgabenreduktion ist schmal. Das Wort Reduktion kommt auf knapp 1000 Seiten vier mal vor – einmal bei den Stadtblattausgaben und dreimal im Bezug auf die CO2-Reduktion. Die Stellenanzahl soll Sie sich um weitere fast 100 Planstellen erhöhen. Bei den strukturellen Veränderungen wurden aus 39 Teilhaushalten im letzten Doppelhaushalt nun 41.
Sehen Sie mir es nach – es geht mir nicht um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die Ihren Job mit Leidenschaft und Anstrengung erfüllen. Und die für die Aufgaben planen, die Sie nunmal durch Entscheidungen der Verwaltung und der Politik auf Sie zukommen. Aber, eines will ich sagen: Selbst in meinen schwächsten Schultagen habe ich zumindest die Hausaufgaben abgeschrieben. Das kann ich hier nur in einem Punkt erkennen: Bei den zusätzlichen Steuern, Abgaben und Gebühren.
Aber diesen sind enge Rahmen gesetzt und fallen auch in der Höhe im Vergleich zu den steigenden Ausgaben nur bedingt ins Gewicht. Ob Sie in der derzeitigen Wirtschaftslage mittelfristig positive Effekte bringen werden – ob für Haushalt oder Stadt, steht nochmal auf einem andern Blatt. Bei den Gebühren würde sich insbesondere für junge Familien die Lage merklich verschlechtern – ob bei Kitagebühren oder bei den Vergünstigungen für den ÖPNV.
Gespart wird, ja, aber vor allem durch gewisse Minderausgaben und ganz insbesondere bei den externen Empfängern städtischer Unterstützung, die am kürzeren Hebel sind. Da fällt Präventationsarbeit weg, der Druck auf die dort Beschäftigten steigt – die Löhne aber oft nicht.
Kommen wir also zu der Aufforderung, dass endlich “eine Priorisierung durch die Politik erfolgen muss” (Zitat Doppelhaushalt). Wir alle in diesem Gremium, so wie wir das im Ehrenamt nun mal leisten können, haben diese Verantwortung übernommen. Und die Meisten hier sind sich bewusst, wie groß die Lücke ist. Wir alle mussten in den vergangen Wochen bei unzähligen Gesprächen in der Stadtgesellschaft klarmachen, dass die Grenze des durch die Stadt Leistbaren bereits überschritten wurde.
Und doch stehen wir quasi machtlos da – denn eine Priorisierung, die nicht mehr zertrümmert als Sie bringt, die geht nur mit Daten und Fakten. Mit einer Transparenz, wo eine Priorisierung möglich ist. Einer Vergleichbarkeit der Aufgabenerfassung. Einem Stellenplan und Controllingzahlen. Mit KPIs. Mit ehrlich machen.
Ich weiß, dass wir als Fraktion vielen in der Stadtverwaltung mit dreizehn Seiten Fragen auf die Nerven gegangen sind. Ich entschuldige mich für den Aufwand. Auch wenn ich vielleicht so aussehe, habe ich wenig Spaß an so vielen Fragen und hätte gerne weniger gestellt. Aber wir haben wenig Einblick. Der Haushaltsplanentwurf sind stolze 958 Seiten – aber beim letzten Mal waren es 1567. Nicht, weil die Aufgaben gesunken sind – sondern, weil schlicht die Produktpläne fehlten.
Uns fehlt auch der Einblick, weil Aufgabenbeschreibungen, die im Zuge der fundamentalen Aufgabenkritik seit dem letzten Sommer eigentlich betrachtet und aktualisiert hätten werden müssen, seit teilweise drei Doppelhaushalten wortgleich drinstehen. “Aufbau eines Systems” kann ich sicherlich ein Jahr machen, wenn ich mich in das sechste Jahr mit diesem Ziel begebe, dann hört mein Chef doch mit hochgezogener Augenbraue auf.
Wir haben als Fraktion zum heutigen Tag 37 Änderungsanträge gestellt, knapp 50 weitere zumindest vorbereitet. 33 sind unmittelbare Einsparvorschläge. Einer der vier verbleibenden sollte langfristig Aufgaben und damit Kosten bei den Sitzungsdiensten durch digitale Mittel reduzieren. Teile dieser 37 Anträge werden vermutlich nicht meinem Anspruch gerecht werden, an der besten Stelle einzusparen. Dafür fehlen uns und mir belastbare Grundlagen, die bisher nicht – auch nicht im Rahmen der Haushaltsstrukturkommission – vorliegen. Die Anträge sind unser Versuch, erste Anstöße zu geben. Denn nur ein dauerhaft leistungsfähiger Haushalt kann auch vom Regierungspräsidium genehmigt werden.
Der bisherige Konsolidierungsprozess ist ein zartes Pflänzchen, dass dem Sturm der Großwetterlage Stand heute nicht Stand hält. Wir vermissen den Mut zu wirklich tiefgreifenden Entscheidungen, die nötig sind, um unsere Ausgaben nachhaltig zu senken.
Heute muss statt Routine der Auftakt eines echten, konsequenten und transparenten Transformationprozess sein. Das bedeutet, kritisch zu hinterfragen: Welche Aufgaben gehören überhaupt noch in die Verantwortung der Stadt? Wir als Gemeinderat dürfen dabei keine Tabus haben und keine Bereiche schonen. Es muss erlaubt sein, alles offen anzusprechen und ehrlich auf den Prüfstand zu stellen.
Ich strecke die Hand weit aus für die kommenden Gespräche. Der Rand des Machbaren, an dem werden wir auf absehbare Zeit weiter leben. Das Machbare ist aber kleiner. Lassen Sie uns einen neuen Heidelberger Weg einschlagen – nicht durch Zaudern, sondern mit klaren Handlungen und messbaren Zielvorgaben. Und ohne ein diktierendens Regierungspräsidium.
Ein besonderer Dank geht neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt für Ihre Geduld und an meine Fraktion und unsere Mitarbeiterin für die außergewöhnliche Unterstützung.
Lassen Sie uns Verantwortung übernehmen. Für Generationengerechtigkeit wie die Glaubhaftigkeit demokratischer Strukturen führt daran kein Weg vorbei.
Vielen Dank.
Grund–(S)-Teuer
Nie erreichten uns vor einer HaFa-Sitzung so viele E-Mails besorgter Bürgerinnen und Bürger. Viele Bewohner von kleinen Häusern auf großen Grundstücken haben Angst, durch die neuen Bodenrichtwerte, in Verbindung mit dem gerade beschlossenen Hebesatz von 185, in finanzielle Schieflage zu geraten. Da viele dieser nur gering bebauten Grundstücke wichtige Naturflächen und Biotope darstellen, kann ein „Notverkauf“ nicht im Sinne der Stadt sein. Glücklicherweise bieten die am 29.06.22 vom Gutachterausschuss Heidelberg erschienen Erläuterungen zu den Bodenrichtwerten eine mögliche Entlastung, insbesondere wenn die Bebauung der Grünfläche rechtlich ausgeschlossen ist. Wenden Sie sich im Zweifelsfall an Ihren Steuerberater.
Wohnungsknappheit = Personalknappheit
Gastronomie, Bäckereien, Hotellerie, Kliniken, Arztpraxen, Handwerker etc., es gibt kaum eine Branche, die nicht dringend Personal sucht. Und wenn dann endlich der passende Mitarbeiter oder Azubi gefunden ist, scheitert die Anstellung nicht selten an einer passenden Wohnmöglichkeit in Heidelberg. Einige Unternehmen bauen bereits eigene Wohnheime oder mieten Wohnungen für Mitarbeiter an. Auch die Stadt hilft. So baut die GGH bereits Wohnheime, ebenfalls ist ein zweites Ausbildungshaus in Planung. Sogar PPP Projekte, also gemeinsame Projekte von Unternehmen und der GGH sind angedacht. Es könnte alles schneller gehen, aber wenigstens passiert etwas – ein Hoffnungsschimmer!
Bild: Freepik.com
Tempo 30 auf Hauptstraßen?
Im Ausschuss ging es vergangene Woche um den Lärmaktionsplan und damit verbundene Ausweisungen von Tempo 30 auf vielen Straßen.
Statt einer direkten Beschlussempfehlung konnten wir gemeinsam darauf hinwirken, dass es eine Offenlegung ohne Vorfestlegung geben soll.
Jetzt sind Sie an der Reihe, öffentliche Stellungnahmen einzusenden!
Für uns ist klar, dass insbesondere ganz-tägige Ausweisungen von Tempo 30 längere Fahrtzeiten für Handwerker, Dienst-leister und den ÖPNV mit sich bringen.
Deswegen sollten wir bei großen Durch-gangsstraßen unbedingt darauf achten, ob die errechneten Lärmreduktionen die wirt-schaftlichen Kosten für Wirtschaftsstandort und Haushalt gerechtfertigen.
Sollten sie das nicht tun, werden wir einer überarbeiten Vorlage im neuen Jahr nicht zustimmen können.
Pressemitteilung: Strengere Sperrzeiten schaden Heidelbergs Altstadt
Die FDP Heidelberg betrachtet die Anordnung strengerer Sperrzeiten für die Kernaltstadt durch den VGH mit großer Sorge. Die eingeschränkten Öffnungszeiten könnten für viele gastronomische Betriebe das wirtschaftliche Aus bedeuten und hätten weitreichende negative Konsequenzen für die Attraktivität der Heidelberger Altstadt.
Die FDP betont, dass die Kneipenkultur ein zentraler Bestandteil des Stadtlebens ist und eine wichtige Rolle für das soziale und kulturelle Leben spielt. „Die Gastronomiebetriebe in der Altstadt sorgen nicht nur für Lebendigkeit, sondern sind auch wichtige wirtschaftliche Treiber. Strengere Sperrzeiten bedrohen Existenzen und schwächen den Standort Heidelberg insgesamt“, sagt Tim Nusser, Vorsitzender der FDP Heidelberg. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Altstadt verödet und junge Menschen sowie Touristen ausbleiben, weil sie keine attraktiven Ausgehmöglichkeiten mehr vorfinden.“
Das von den Klägern vorgelegte Lärmgutachten sieht die FDP Heidelberg kritisch. Es konzentriert sich ausschließlich auf Lärmmessungen und ignoriert die bereits bestehenden Maßnahmen der Stadt zur Lärmreduzierung. „Wir müssen die Interessen der Anwohner ernst nehmen, aber auch den Dialog suchen, um Lösungen zu finden, die allen gerecht werden“, so Nusser. „Schallisolierende Fenster und andere städtebauliche Maßnahmen können helfen, ohne die Gaststätten zu benachteiligen.“
Karl Breer, Vorsitzender der FDP/FWV-Fraktion im Gemeinderat, verweist auf das erfolgreiche Beispiel Regensburgs. Bei einer vergleichbaren räumlichen Situation und ähnlichem Publikum habe dort die Abschaffung von Sperrzeiten gar zu einer Reduktion der nächtlichen Lärmbeschwerden geführt, weil hier die besonders kritischen Lärmspitzen zu den Schließzeiten der Kneipen wegfielen.
Die FDP Heidelberg fordert die Stadt auf, alternative Maßnahmen zu prüfen. „Heidelberg muss ein Ort der Vielfalt bleiben, wo sowohl Anwohner als auch Gastronomen gemeinsam leben und arbeiten können. Nachdem Heidelberg mit dem Clubsterben der vergangenen Jahre bereits eine beachtlichen Teil seiner Nachkultur verloren hat, darf eine Verödung der Altstadt auf keinen Fall das Ergebnis dieser Gerichtsentscheidung sein“, appelliert Nusser abschließend.
Bleibt Heidelberg eine attraktive Destination
für Kongressbesucher und Touristen? Darüber wird der Verwaltungsgerichtshof Mannheim am 24.10. entscheiden. Denn die Kneipen, Restaurants und Biergärten in der Altstadt, die erheblich zum Heidelberger Flair beitragen, würden wirtschaftliche Probleme bekommen, wenn sie früher schließen müssten. Ohnehin stellt sich die Frage, ob ein solches Urteil überhaupt noch nötig ist. Denn die Altstadt ist ohnehin ruhiger geworden. Geändertes Ausgehverhalten, Nachtbürgermeister und Nightcoaches zeigen Wirkung. Sind wir doch so mutig wie Regensburg: Die besonders kritischen Lärmspitzen zu den Schließzeiten verschwanden nach der Aussetzung der Sperrzeiten zur positiven Überraschung von Anwohnern und Polizei!
„Am Rande des Machbaren“
…titelte die Rhein-Neckar-Zeitung nicht ganz zu Unrecht. Die Haushaltslage wird uns dazu zwingen, gemeinsam im Stadtrat unangenehme Entscheidungen zu treffen. In den kommenden Monaten werden viele Unkenrufe aus verschiedenen Seiten auf die Öffentlichkeit einprasseln. Als FDP/FWV werden wir konsequent einen Kurs der Mitte vertreten. Klar ist aber auch, dass wir uns keinesfalls ins eigene Fleisch schneiden dürfen. Den lokalen Wirtschaftsstandort dürfen wir bei allen Löchern an anderer Stelle nicht zusätzlich in ein ebensolches stürzen. Deswegen: Sinnvolles Sparen bedeutet fokussieren – ohne bessere Politik für den Standort Heidelberg wird das strukturelle Defizit nur größer.
Der Ernst der Lage…
„Stadt muss im nächsten Haushalt 90 Millionen Euro einsparen“, so titelt die RNZ. Zum ausgeglichenen Haushalt fehlt sogar noch mehr, wenn man das bereits vorher stadtseitig eingeplante Defizit mit einrechnet. Die Lage ist dramatisch. Das muss uns als Gemeinderat klar sein. Mit der Haushaltsfindung einher gehen werden viele empfindliche Kürzungen – bei der Ausgestaltung der Pflichtaufgabenerfüllung wie bei den freiwilligen Leistungen. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer, wie sie manche nun fordern, ist aber zu kurz gedacht – denn eine florierende Wirtschaft ist die Grundlage für solide Politik. Das Vertreiben von Unternehmen vergrößert nur die Haushaltslücke im nächsten Doppeljahr. Wir werden konstruktiv aus und mit der Mitte arbeiten.
Langfristig denken
Herzlichen Dank für Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung. Ich freue mich, gemeinsam mit Frank Beisel und Karl Breer in den nächsten fünf Jahren für eine bessere Stadtpolitik zu streiten. Ich bedanke mich bei Michael Eckert und Simone Schenk für ihr jahrelanges Wirken für uns Liberale. Wir stehen vor großen Herausforderungen: Der anstehende Doppelhaushalt – das sehen wir bei anderen Gemeinden – wird keiner, in dem wir den finanziellen Spielraum für ein „Wünsch Dir was“-Programm haben. Wir setzen uns ein für eine Politik, die rechnen kann. Investitionen müssen Vorrang haben, ob in Infrastruktur, Schulen oder eine digitalere Verwaltung. Denn Investitionen heute sparen Kosten morgen – und nach diesem Doppelhaushalt kommt der nächste.